Wand, weiss und nackt

Wieder und wieder wandert mein Blick durch die leere Wohnung und über die nackte weisse Wand gegenüber, so als suche er einen Fixpunkt, der eine vage Hoffnung auf Orientierung weckt und den man sich als vermeintlich erreichbares Ziel für den nächsten Tag definieren könnte. Wohlwissend, dass de fakto unendlich viele solcher Fixpunkte existieren, die nicht wahr zu nehmen unser eigentliches Dilemma ist. Deshalb beschränken wir uns auf die Wahl zwischen den wenigen, die in unser Bewusstsein gelangen, und reden uns ein, nur diese wenigen seien existent. Auf diese Weise betrügen wir uns täglich selbst und fahren gut damit. Denn wie sollte es uns auf andere Weise gelingen, des Nachts tief und erholsam zu schlafen?

Schliesslich weigert sich mein Augapfel, weiterhin ziellos umherzuwandern, und fokussiert auf einen unscheinbaren winzigen Fleck an dieser Wand. Nein, nicht nach etwas Neuem hat mein Blick geforscht. Er war auf der Suche nach etwas aus der Vergangenheit, nach etwas Vertrautem, das aus dieser mir noch fremden Wohnung einen Ort macht, der in mir ein Gefühl von Daheimsein erzeugt. Noch gibt es hier nichts, dass mir vertraut wäre, weder Möbel noch Accessoires. Hier schaut alles anders aus als in meinem alten Domizil. Und ja, jetzt bemerke ich es, hier riecht es auch ganz anders. Nach frischer Farbe, nach unverbrauchter Luft. Nur eben nicht nach mir. Doch wie könnte es das, solange ich selbst noch keinerlei Erinnerungen an mein neues Domizil in mir trage?
( Statt herum zu philosophieren wollte ich ja eigentlich hier renovieren, doch dabei sind ein paar unerwartete Probleme aufgetreten.
Problem #1: Ich kann mich vor genialen Design-Ideen nicht retten. Sie sprudeln förmlich aus mir heraus. Tropfenweise. Exakt ein Tropfen tröpfelte bisher. Und der gefiel mir nicht. )